Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Wasser

Alexandra Lotz führt das Augsburger Welterbe-Büro als neue Leiterin in das fünfte Jahr

Früher war nicht nur alles besser, sondern manches auch einfacher. Frühere UNESCO-Welterbestätten waren – etwas vereinfacht ausgedrückt – „Burg, Kirche, Schloss“, die Pyramiden von Gizeh, die Chinesische Mauer. Man konnte sich davorstellen und von der Faszination des Monuments ergreifen lassen. Weltkulturerbestätten heutiger Lesart sollten „eine Story erzählen“, wie es der Augsburger Gründungs-Welterbe-Manager Ulrich Mülleger einst erklärte. Diese Story des Welterbes „Augsburger Wassermanagementsystem“ nicht nur weiterzuerzählen, sondern die Stätten zu schützen und zu erhalten ist kürzlich Alexandra Lotz als neue Leiterin des Augsburger Welterbe-Büros angetreten. Jetzt stattete ihr und ihrem Team eine Gruppe des Augsburger Presseclubs einen Besuch in den historischen Wassertürmen unweit des Roten Tores ab.

Nachdem die Gruppe, geführt von Kristen Gast und Gabi Theinert, einen Rundgang durch die Türme unternommen hatte (siehe Fotos) erläuterte Lotz in einem Gespräch mit Moderator Kurt Idrizovic und mit Augsburgs Kultur-, Sport- und Welterbe-Referent Jürgen Enninger ihre zentralen Aufgaben und Herangehensweisen. Fraglos sowohl eine Schwierigkeit als auch eine Situation, die „noch sehr viel Potenzial birgt“ so Lotz: Das Augsburger Welterbe verteilt sich auf 22 (bauliche) Objekte, die maximal 30 Kilometer von einander entfernt liegen. Denn die Story des Augsburger Welterbes, das ist das weltweit in dieser Form nirgends ähnlich eingerichtete und erhaltene System des Wassermanagements, resultierend bereits aus dem Mittelalter. Es galt, Wasser aus tiefer gelegenen Auen drumherum in die rund zwölf Meter höher gelegene Oberstadt des Bischofs und der Patrizier zu schaffen. Und zwar auf der einen Seite beispielsweise aus dem Lech abgeleiteten Brauchwassers für Mühlen oder Kraftwerke, auf der anderen Seite aber auch reines Quellwasser, welches in einem eigenen Leitungssystem als Trinkwasser für die Brunnen in der Stadt zur Verfügung stand. Zu diesem Zweck wurde in Jahrhunderten ein durchdachtes System an Kanälen, Wehren, Dükern, Hebeanlagen in den Wassertürmen errichtet. Dem Brunnenmeister Caspar Walter gebührt die Ehre, vieles dieses Systems erstmals schriftlich in Form von Planskizzen, Protokollen, Urkunden und ähnlichem in seiner „Hydraulica Augustana“ im Jahr 1741 dokumentiert und festgehalten zu haben. Neben einer gewissen Massierung von Bauten in der (heutigen) Augsburger Innenstadt – Prachtbrunnen, Wassertürme, Kanäle, Wehranlagen – gibt es im Süden im Stadtwald Quellbäche und Düker, und Lechabwärts in Langweid ein großes Fluss-Kraftwerk mit Museum als Teile des Welterbes. Dieses Potpourri an Einzelobjekten zu vermitteln – eine Aufgabe, die im Infozentrum am Augsburger Rathausplatz ihren Anfang nehmen könnte. Das Infozentrum, so Lotz, erfreue sich inzwischen bei den Gästen guten Zuspruchs, bis zu 200 Menschen täglich, und – „es könnten zusätzlich zu auswärtigen Gästen gerne noch mehr Augsburger zu Besuch kommen“, so die Welterbe-Managerin. Das Info-Zentrum sei einem regelmäßigen Wandel unterzogen. Bezugnehmend auf die Wünsche der Gäste habe man bei den Besuchszeiten zwischenzeitlich auf eine Sieben-Tage-Woche umgestellt, da auch der (von vielen Museen weltweit als Ruhetag etablierte) Montag genutzt werde. Im kommenden Jahr, wenn die Augsburger das Fünf-Jahres-Jubiläum ihrer erfolgreichen Welterbe- Bewerbung begehen können, soll das Infozentrum optisch noch besser erkennbar werden. Auch sonst, so Lotz, arbeite man an vielen Stellen, um die Augsburger Welterbe-Stätten sowohl zu schützen und zu erhalten, trotzdem aber auch präsentieren zu können. Beispiel: In den historischen Wassertürmen sei die Zahl der Besucher pro Jahr aus konservatorischen Gründen deutlich beschränkt, könnten maximal Gruppen von 14 Personen eingelassen werden, übers Jahr verteilt höchstens 5000 Menschen. Eine mögliche Lösung: Es sollen schrittweise weitere Türme zugänglich gemacht werden.

Bezugnehmend auf die Anfragen der Besucher ergibt sich für das Welterbe-Team ein Schwerpunkt, den man anfangs so auch nicht im Blick hatte: das Wasser an sich. Woraus es besteht? Wie viel es gibt? Wo es herkommt, wo es hinfließt? Wie man es schützen kann – und vieles anders mehr. Das solle im Zusammenwirken mit den Welterbestätten bestmöglich erklärt werden. „Wir sind zu einer Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Wasser geworden“, freut sich Alexandra Lotz über das Interesse der Menschen an ihrem wichtigsten Element.

Welterbe-Referent Jürgen Enninger freute sich, dass der berufliche Weg die gebürtige Wiesbadenerin, studierte Innenarchitektin, Denkmalpflegerin und Welterbe-Managerin von der Position der Welterbe-Referentin aus Sachsen-Anhalt nun nach Augsburg geführt habe. Das Netzwerk, auf das Lotz zurückgreifen könne und daraus entstehende Partnerstrukturen wolle Augsburg sich zunutze machen. Immerhin, so Enninger, hätte der Begriff der Nachhaltigkeit für das Augsburger Wassermanagementsystem erfunden worden sein können – und er können hier auf besondere weise erlebt werden.

Für die Besucher des Presseclubs hatte der Abend mit einer Überraschung begonnen: Eine Gruppe des Unterstufenchores des Maria-Ward- Gymnasiums hatte unter Leitung von Harald Geerkens die Gäste mit vorweihnachtlichen Liedern begrüßt.

Michael Siegel


Fotos: Michael Siegel