„Ich wollte Geschichte fotografieren“

Kohl, Merkel, Trump, Putin: Biskups Bilder – Dokumente der Zeitgeschichte

„Ich wollte Geschichte fotografieren“, bekennt Daniel Biskup (60), der in jungen Jahren Geschichte und Politik studiert hatte. Naheliegend für ihn, einen der bekanntesten deutschen Fotografen, gebürtigen Bonner, sei es gewesen, aus seiner zweiten Heimat Bayern nach Osten zu blicken, stammten doch seine Eltern aus Polen und Schlesien. Geschichte versprach in den ausgehenden 80-er Jahren vor allem die Sowjetunion, Russland. 1988 flog Biskup also das erste Mal nach Moskau, um dort zu fotografieren. Seine 30 Jahre fotografischer Tätigkeit aus dem größten Land der Erde bestimmten den ersten Teil von Biskups Präsentation im Presseclub, „Von Gorbatschow bis Putin“. Wladimir Putin, Biskups „Hauptfigur“ vor dem Augsburger Presseclub im Vortragssaal der Industrie- und Handelskammer, war in den 80er Jahren noch ein Assistent des Bürgermeisters von St. Petersburg. Bilder eines gewissen Aufbruchs, einer Hinwendung zum westlichen Lebensstil in der Sowjetunion nach dem Ende des Kalten Krieges waren die ersten Fotos, die Biskup vor über 30 Jahren aufnahm. Fotos aber auch von Mangelwirtschaft, von leeren Läden, Indizien für das nahende Ende der Sowjetunion. Biskups erste politische Protagonisten: der alternde, dann abgewählte Michail Gorbatschow und dessen Nachfolger Boris Jelzin.

Welche große Rolle eine ordentliche Portion Glück, das richtige Näschen oder gute Fügung für seine Fotografen-Karriere gespielt haben, hob Biskup mehrfach hervor. So, als ihn, den angehenden Wehrdienstverweigerer, sein Dienstherr, der damalige Chef des Bayerischen Roten Kreuzes, zu seinem Pressesprecher macht. Und der als Russland-Kenner Biskup damals seine erste Ausstellung mit Fotos aus Russland ermöglichte. So, als er (freier) Mitarbeiter der Presseabteilung der Fluggesellschaft Deutsche BA wird und er fortan problemlos günstig in alle Ecken der Welt fliegen kann, um zu fotografieren. So, als ihn maßgebliche Redakteure des Springer-Verlags, allen voran Kai Dieckmann, „entdecken“ und ihn fortan zu vielen wichtigen Interviews und Gesprächen zu allen maßgeblichen Personen der Weltgeschichte beordern – Papst, Präsidenten, Könige, Künstler. Eminent hilfreich für Biskup sein gutes Verhältnis zum damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, der ihm immer wieder Türen öffnet. Dabei entstehen zahlreiche Fotoserien Biskups zunächst mit Boris Jelzin, dann auch mit Wladimir Putin. Biskup zeigte den Gästen des Presseclubs teils (noch) unveröffentlichte Bilder des bis heute amtierenden Präsidenten, den er anfangs als geradezu schüchternen Mann kennengelernt hatte und der sich im Laufe der Jahre mehr und mehr zu einem aggressiven, auch vor der der Kamera deutlich gestikulierenden Machthaber entwickelte. Im Laufe der Jahre habe es mehrfach Gelegenheit gegeben, direkt mit Putin zu reden, der fließend deutsch spricht und der dies im Beisein von Gästen aus Deutschland viel und gerne gezeigt habe. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich mit Putin verschiedentlich von Biskup ablichten – berühmt die Bilder der Kanzlerin im roten Parka auf Grönland. Seine bislang letzten Fotos des Russischen Präsidenten habe er 2018 aufgenommen, so Biskup, als er mit dem damaligen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz bei Putin im Kreml weilte. 

„Von Gorbatschow bis Trump“ überschrieb Biskup den zweiten Teil seiner Bilder-Präsentation. Im Gefolge von Bundeskanzler Helmut Kohl oder in jenem des damaligen Bild-Chefs Kai Diekmann gab es für Biskup Begegnungen mit Jelzin ebenso wie mit Putin. Seine Erfahrung: „Ich darf seit Jahrzehnten Zeitzeuge sein, das ist das größte Geschenk meines Lebens. Mein Glück ist, dass die Leute zu mir Vertrauen haben.“ Das betraf Politiker, das betraf auch zahllose andere Prominente. Daniel Biskup zeigte bei seiner Präsentation eigene Fotos von Präsident George Bush, von Hans-Dietrich Genscher, von Modeschöpfer Karl Lagerfeld. Oder von Jeff Bezos, Franz Beckenbauer, Peter Maffay, Christo, Mark Zuckerberg, Barack Obama, Friedrich Merz, Rupert Scholz, Leni Riefenstahl, Papst Benedikt. Der Aufwand dafür scheint manchmal immens: Für einen Termin mit Fotomodel Claudia Schiffer auf Ibiza blieben ganze 15 Minuten Zeit. Ebenso kurz gewährte ihm Microsoft-Chef Bill Gates seine Aufmerksamkeit, wofür Biskup sogar die weite Flugreise bis nach Seattle auf sich zu nehmen hatte. Zahlreiche Buchprojekte zeugen von diesem Schaffen des Fotografen.

Zuletzt berichtete Daniel Biskup von seinem neuesten Projekt: Seit Kurzem fungiert er als Herausgeber, Geschäftsführer und Chefredakteur – und freilich auch als Fotograf – des Magazins Edition Schwaben, das vier Mal jährlich erscheint. „Wir sind anders als die Mitbewerber“, so Biskup, der überzeugt ist, dass mit diesem Magazin ein gutes, ein besonderes Produkt gemacht werde. Er sei optimistisch, was die Zukunft des Magazins angehe, er sei erwartungsvoll, Unterstützung zu finden. „Wir wollen vor allem in Qualität investieren“, gibt Biskup die Linie der Magazinmacher vor.

Michael Siegel


Fotos: Klaus Rainer Krieger