Einen statt spalten


Bilanzgespräch im Augsburger Presseclub nach zwei Jahren im Amt für Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber

Eine Liebeshochzeit oder eine Vernunftehe? Seit zwei Jahren führt Eva Werber als Augsburger Oberbürgermeisterin eine schwarz-grüne Koalition im Rathaus. Jetzt, nach den ersten beiden Jahren ihrer Amtszeit, stellte sich Weber im schmucken Silbersaal des Maximilianmuseums den Fragen der beiden Vorsitzenden des Augsburger Presseclubs, Wolfgang Bublies und Alfred Schmidt.

Thema Schwarz-Grün: Weber betonte mehrfach, dass es sich bei der bestehenden Rathaus-Regierungsfraktion um ein Bündnis handle, in dem beide Seiten ihre Schwächen und Stärken hätten, die aber stets zum Besten der Zukunft der Stadt zusammengeführt würden. Freilich wäre es am leichtesten, alleine zu regieren, so Weber auf die entsprechende Frage, aber diese Zeiten seien nunmal vorbei. „Einigkeit“ und „Zusammenarbeit“ seien in der aktuellen Stadtratskoalition die wesentlichen Schlagworte. Weber empfand es nach eigenen Worten auch gar nicht problematisch, dass aus den beiden Fraktionen immer wieder unterschiedliche Ansichten formuliert würden. Ja, es gebe Unterschiede, aber man diskutiere ausgiebig miteinander und man finde gute Kompromisse für die Stadt: „Zwei Partner, die sich gegenseitig ergänzen“, so die OB. 

Dass manchmal der Eindruck vermittelt würde, „der (grüne) Schwanz würde mit dem (schwarzen) Hund wedeln“, sei auf entsprechende Berichterstattung zurückzuführen. Vorn der grünen Stadtratsfraktion stark beförderte Themen wie der Klimaschutz oder die Verkehrsproblematik (Parkplatzstreichungen, Radwegebau) hätten in den Medien stärkerer Resonanz geführt wie Themen, die aus ihrer Fraktion in die Stadtratsarbeit eingebracht worden seien. Weber nannte die Schaffung von Pflegestützpunkten oder aktuelle Entwicklungen beim Innovationspark. Eine wichtige Aufgabe für sie als führende Person in der Augsburger CSU sei es, konservative Mitglieder der Partei „mitzunehmen“. Ähnlich wichtig seien Hinweise darauf, was angesichts vieler geäußerter Wünsche für die Stadt machbar, was finanzierbar sei. Ein zentrales Thema dabei ist jenes der Mobilität (im Augsburg der Zukunft). Die Stadtregierung habe begonnen, die Weichen richtig zu stellen, so Webers Meinung. Sie ergänzte, dass es aber noch ein weiter Weg sei, dass diese Aufgabe zweifellos auch in künftigen Legislaturperioden hineinreichen werde. 

Das Ganze dauere viel zu lange, die Stadt sei viel zu langsam? Ein Eindruck, der schnell entstehen könne, so Weber, aber: Man dürfe nicht aus den Augen verlieren, „was wir als Stadt können und was wir als Stadt nicht können“. Wie sehr die Themen ineinandergreifen, erklärte Weber beim Thema Energieverkauf durch die Stadtwerke. So sei es durchaus politischer Wille, dass die Stadtwerke auch weiterhin große, gewerbliche Firmenkunden weiter mit (nicht-regenerativer) Energie belieferten. Immerhin werde der öffentliche Personennahverkehr in Augsburg zu rund 50 Prozent mit Einnahmen aus dem Energieverkauf quer subventioniert. Ein Faktor, auf den die Stadt nicht verzichten könne, handle es sich doch um eine Summe von um die 50 Millionen Euro. 

Sie sehe durchaus auch die Gefahr, dass (möglicherweise als restriktiv empfundene) Maßnahmen bezüglich der städtischen Klimapolitik die Gesellschaft spalten könnten – so wie es die Corona-Maßnahmen zur Folge hatten. Zentral sei in diesem Zusammenhang, den Bürgern Angebote, bessere Alternativen, zu schaffen, anstatt den Eindruck einer „Verbotspolitik“ zu hinterlassen. Beispiel: Jenes Stück der zentralen Augsburger Maximilianstraße, das voraussichtlich demnächst „autoarm“ gestaltet werde (Anwohner und Berechtigte erhalten weiterhin Zufahrt), soll so ausgestaltet werden, dass viele Bürger davon profitierten. Gedacht sei beispielsweise an Sitzgelegenheiten auch jenseits kommerzieller Gastronomie. 

Wie sehr sich ihr Privatleben seit der Wahl zur Oberbürgermeisterin verändert habe, wurde Weber gefragt. Die Überraschende – aber erklärliche Antwort: Sie habe, seit sie Oberbürgermeisterin ist, so wenig (Abend-)Termine gehabt wie lange zuvor nicht mehr: Erklärung: Es habe derartige Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie nicht geben können. Ein Umstand, den sich Weber freilich nicht gewünscht habe. Nicht zuletzt seien dadurch auch viele geplante Bemühungen ihrer Stadtregierung in Zusammenhang mit vermehrter Bürgerbeteiligung verhindert worden. Ein Beispiel seien geplante Stadtteilparlamente, die nicht hätten stattfinden können. Weber erklärte, dass sie – nicht zuletzt aufgrund ihrer vorangegangenen Funktion als Bürgermeister-Stellvertreterin, Wirtschaftsreferentin und enge vertraute von Vorgänger Kurt Gribl – so gut vorbereitet in ihr neues Amt gegangen sei wie kaum jemand. Vorbereitet freilich auf das Erwartbare, vorbereitet nicht auf Krisen wie Corona oder aktuell den Ukraine-Krieg. 

Was die Auswirkungen des russischen Angriffs auf seinen Nachbarn anbelange, sei man in der Stadt vielfach auf Vermutungen angewiesen. Wegen der verzögerten Registrierungspraxis durch ukrainische Geflüchtete spekuliere man von aktuell etwa 3000 bis 4000 Personen, die – zumeist privat untergebracht – in der Stadt lebten. Was feste Bewertungen zudem erschwere, sei ein nach wie vor hoher Wechsel gehender und kommender Geflüchteter. Für mögliche Erstankünfte im Stadtgebiet habe Augsburg ausreichend Kapazitäten. Weitaus schwieriger werde es sein, später, wenn Geflüchtete dauerhaft in Augsburg zu leben gedächten, entsprechenden Wohnraum zu finden.

Nicht zuletzt ging es in dem Gespräch auch um den Umgang Webers mit den Medien. Hier merkte die Oberbürgermeisterin eine Form der Darstellung ihrer Person an, die ihrem Geschlecht zuzuschreiben sei. Attribute wie „dünnhäutig“, was ihr ab und an vorgeworfen werde, lese habe man über ihre männlichen Vorgänger nicht gelesen. Dass sie, wenn auch nicht dünnhäutig, an manchen Tagen auf Medienkritik anders reagiere als an anderen, sei wohl verständlich. Auch sie habe bessere und schlechtere Tage, „ich bin ein Mensch“.

Dem Podiumsgespräch schloss sich eine Diskussionsrunde mit den Gästen im Silbersaal an.

Michael Siegel


Fotos: Michael Siegel