Forum St. Johannes soll Abhängigen in Augsburg bessere Hilfe bieten

Über 2000 Jahre ist es her, dass die Römer zwischen Lech und Wertach die Stadt Augsburg gegründet haben, dort, wo heute der Stadtteil Oberhasen liegt. Vieles hat sich in den über 2000 Jahren getan, vom ruhmreichen Ruf Oberhausens ist heute nicht mehr so viel übrig. Viele eher Gering Verdienende lebten und leben hier, Gastarbeiter, Migranten. Und Abhängige kommen täglich hier her. Um die Augsburger Drogenszene vom Hauptbahnhof und vom zentralen Königsplatz „umzusiedeln“, wurden vor Jahren mehrere Einrichtungen für Abhängige wie ein Treff oder Substitutionsangebote in den Bereich des Oberhauser Bahnhofes und des Helmut-Haller-Platzes verlegt. Mit der Folge, dass dort die Drogenszene auf Berufspendler stieß, auf Schulkinder, auf die ansässigen Geschäftsleute mit ihren Kunden, auf die Anwohner des Viertels. Beschwerden und Proteste über unhaltbare Zustände wurden laut, sodass seitens der Stadt, des Bezirks Schwaben, der Drogenhilfe Schwaben nach einer Lösung gesucht wurde. Und dann ergab sich das Angebot der evangelischen Kirche, Einrichtungen um die Kirche St. Johannes in der Donauwörther Straße mitzunutzen. Deutlich zu groß waren die Kirche und das Pfarrzentrum der Kirchengemeinde geworden. Nach kontroversen Diskussionen mit Anwohnern und örtlichen Geschäftsleuten, Interessenvertretern, Verbänden, auch in der Stadtpolitik, traf der Augsburger Stadtrat im Sommer 2024 die Entscheidung, ein umfangreicheres Angebot für Abhängige im „Forum St. Johannes“ einzurichten.

Gut ein halbes Jahr nach dieser Entscheidung haben sich die Mitglieder des Augsburger Presseclubs bei einem Vor-Ort-Podiumsgespräch in St. Johannes umgehört, wieweit die Angelegenheit gediehen ist – und sie haben aufgrund unerwartet zahlreicher Besucherinnen und Besucher aus der Nachbarschaft ein aktuelles Stimmungsbild gewonnen. Die wohl wichtigste Botschaft verkündet von Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch: Wenn alles glatt läuft, könnte der neue Treff noch im Herbst oder Winter 2025 eröffnet werden.

Erwartungsgemäß war der Ordnungsreferent die meistgefragte Person auf dem Podium, hat doch sein Amt – gemeinsam mit dem Augsburger Stadtrat – in der Sache „den Hut auf“. Neben Pintsch begrüßte Gesprächsleiterin Marion Buk-Kluger, stellvertretende Presseclub-Vorsitzende Susanne Brosche als Anwohnerin und zweite Vorsitzende der Werbegemeinschaft Oberhausen, Hülya Aydingünes von der Aktionsgemeinschaft Oberhausen – sie betreibt einen Laden in der Neuhäuser Straße mit Blick auf das Geschehen – sowie Katrin Wimmer von der Drogenhilfe Schwaben.

Vor allem bei Susanne Brosche, Hülya Aydingünes, aber auch bei manchem Besucher des Gesprächs schien die Skepsis gegenüber dem städtischen Vorhaben nach wie vor zu überwiegen. Eine „Schwammwirkung“ befürchtete Aydingünes, dass noch mehr Süchtige als bisher schon nach Oberhausen kommen könnten, wenn dort ein verbessertes, ein größeres Angebot, geschaffen werde. Süchtige nicht nur aus dem Stadtgebiet, sondern auch aus den Umliegergemeinden, ja möglicherweise aus halb Schwaben. Dem hielten Pintsch und Wimmer entgegen, dass das Forum St. Johannes nicht für einen erweiterten Besucherkreis ausgelegt sei, dass nicht beabsichtigt sei, Klienten aus der Umgebung anzuziehen. Was Aydingünes, Brosche sowie manche der Anwohner im Publikum besorgte: Weiterhin ungeklärt sei die Problematik des (illegalen) Drogenkonsums seitens der Einrichtungsbesucher. Ein Problem, das, so Wimmer, nicht von der Drogenhilfe Schwaben oder der Stadt zu lösen sei, sondern von der Staatsanwaltschaft. Das Angebot des Forums St. Johannes werde, wie schon bisher im Be-Treff, auch Drogensubstitution beinhalten. Drogenkonsum selbst sei nicht statthaft, führe zu Hausverbot. Mit dem Ergebnis, so die Anwohnenden, dass in Hauseingängen, unter Brücken, in offenstehenden Garagen, in Toilettenanlagen immer wieder Abhängige mit ihren Konsumutensilien anzutreffen seien oder solchen Personen, die gerade ihren „Rausch ausschlafen“. Den öffentlichen Raum und die Anwohner zu entlasten und mehr für Sicherheit und Sauberkeit im Quartier zu tun, das waren zentralen Forderungen von Susanne Brosche, nach deren Empfinden die Situation am Helmut-Haller-Platz nach wie vor „unerträglich“ sei.

Eine deutliche Verbesserung für ihre Klienten versprach sich Katrin Wimmer von der Drogenhilfe Schwaben durch das neue Forum St. Johannes. Je nach Wetter seien es zwischen 50 und 300 Personen, durchschnittlich etwa 90 pro Tag, die im Be-Treff am Helmut-Haller-Platz vorbeischauten. Drangvoll eng werde es da immer wieder, was sich in St. Johannes ändern solle. In den Räumen der Kirchengemeinde soll es einen zentralen Treff im ehemaligen Gemeindezentrum geben, wo es auch etwas zu essen und zu Trinken geben wird. Die Abhängigen sollen bestimmte Hilfsangebote neben der Einnahme von Substitutionsmedikamenten vorfinden können, zum Beispiel auch die Möglichkeit, hier ihre Wäsche waschen zu können. Sehr wichtig sein werde, so Wimmer, in welchem Umfang das Angebot des Forums angeboten werden könne. Wünschenswert seien Öffnungszeiten von 7 oder 8 Uhr bis 18 oder 19 Uhr, das werde aber von der Finanzausstattung und vom Personal abhängig sein. Was im Konzept des Forums St. Johannes auch vorgesehen ist: ein Café auf dem Gelände, ein Café, das für jedermann offenstehen soll. Es wird sich zeigen, ob die Idee der Projektanten trägt, dass dort Anwohner und Klienten des Forums ungezwungen zusammensitzen werden.

Schon eingangs hatte Ordnungsreferent Pintsch klargestellt: Einen festen Öffnungstermin für das St.-Johannes-Forum gebe es nicht, vor allem werde es keine voreilige Eröffnung geben. Maßgeblich sei auch nicht, dass im Gemeindezentrum noch einige Umbauarbeiten anstünden. Allein entscheidend sei, dass das in der Politik und mit den Anwohnern vereinbarte 20-Punkte-Programm erfüllt sei. Hier sind vor allem Grundlagen zur Sicherheit und Sauberkeit im Quartier festgelegt. Etwa eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Kraftfahrzeuge in der viel befahrenen, direkt angrenzenden Donauwörther Straße, ein Beleuchtungs- und Sauberkeitskonzept für die direkte Umgebung sowie eine wissenschaftliche Begleitung des Projekts für drei Jahre. Und sollte diese wissenschaftliche Begleitung ein entsprechendes Ergebnis erbringen, könne nach drei Jahren vom Stadtrat ein Schlussstrich unter das Projekt Forum St. Johannes gezogen werden.

Michael Siegel