Früherer stellvertretener AZ-Chefredakteur Marks wechselt in Ministerium


Wechsel ins Wirtschaftsministerium

Der frühere stellvertretende AZ-Chefredakteur berichtet über seinen Wechsel an die Spitze der Pressestelle im Bayerischen Wirtschaftsministerium. 

13 Jahre gehörte Jürgen Marks der Chefredaktion der Augsburger Allgemeinen an, wo er unter anderem für die Lokalredaktionen im Großraum Augsburg und die digitalen Medien verantwortlich war.

Zuvor hatte er für das Focus Magazin gearbeitet, sechs Jahre war er Chefredakteur von Focus Online. Anfang 2019 verließ er die AZ überraschend, um sich neuen Aufgaben zu widmen.

Im August 2019 holte ihn Minister Hubert Aiwanger dann als Pressesprecher ins Bayerische Wirtschaftsministerium.

Der 56-jährige Journalist sprach im Presseclub mit Alfred Schmidt darüber, wie er den beruflichen Seitenwechsel bewerkstelligte und welche Herausforderungen in München auf ihn warten. Vor dem Gespräch ließ Marks bereits wissen: „Ich musste mich neu erfinden.“  

Nicht nur, dass er jedes A wie ein O spricht, wenn Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister und Chef der Freien Wähler, in seinem bayerischen Dialekt loslegt, dann müssen selbst manche „Eingeborenen“ die Ohren spitzen. Dieser Aiwanger hat ausgerechnet den Hanseaten Jürgen Marks zum Chef des Presseamts seines Ministeriums gemacht, einen Hanseaten, an dem in 25 Jahren in Augsburg das hier übliche „sch“ („verschtehsch“) abgeperlt ist.

Er finde es komisch, sich über den Dialekt des Ministers lustig zu machen, so Marks, denn Aiwanger sei ein hervorragender Rhetoriker, spreche immer frei und habe tolle Sprachbilder. ,Und dann: „Dialek ist in Bayern total wichtig, in vielen Lokalteilen der Zeitungen steht, der Dialekt muss erhalten bleiben.

Was in den Zeitungen steht, daran hatte Marks, 56, die meisten seiner Berufsjahre in der Zeit vor Aiwanger mitgewirkt. Zuletzt von 2006 bis 2019, also 13 Jahre lang, als Stellvertreter des Chefredakteurs bei der Augsburger Allgemeinen.

Wie das denn war mit seinem für viele unerwarteten Ausscheiden bei der Tageszeitung, wollte Moderator Alfred Schmidt zunächst wissen.

Marks antwortet mit dem ebenso viel wie nichtssagenden „wir haben uns im besten Einvernehmen getrennt“. Nie sei er länger als die 13 Jahr in Augsburg in einer Redaktion gewesen, habe dort tolle erfolgreiche Jahre gehabt.“ Wir haben viel erreicht, haben uns digital komplett erneuert“, so der vormalige stellvertretende Chefredakteur. So ein Wechsel sei ganz normal, so Marks, der einen Vergleich mit dem Profifußball wählte. Man müsse akzeptieren, dass ein neuer Chefredakteur ein neues Team zusammenstellt, genau wie Martin Schmidt, der Trainer beim FCA, der auch nicht mit den Co-Trainern seines Vorgängers weitergemacht hatte.

„Ich habe mich schon oft neu erfunden“, so Marks, der auf seine beruflichen Stationen als Speditionskaufmann und BWL-Student hinwies, ebenso wie als Sportreporter in Hamburg (mit dem HSV und St. Pauli in der Bundesliga), als Korrespondent in Budapest und zuletzt Online-Chefredakteur. Marks Erinnerung an den Tag seiner Freistellung bei der Augsburger Allgemeinen: „Ich bin morgens aufgestanden, abends ins Bett gegangen und morgens wieder aufgestanden.“

Sein typischer Arbeitstag beginnt für Marks mit einer kurzen Rad-Fahrt aus der Augsburger Altstadt zum Augsburger Hauptbahnhof. Mit dem Zug geht es nach München. Während der Fahrt lese er bereits den Pressespiegel über das Ministerium, den Staatssekretär, und Aiwangers Fachthemen Mobilfunk, erneuerbare Energien, Flächenverbrauch. Schließlich geht es dann per U-Bahn ins Ministerium. Als Leiter das Pressereferat, beschäftige er drei Pressesprecher, die Anfragen beantworten, die dann wiederum ihm und Minister Aiwanger vorgelegt würden. Drei Mitarbeiter für digitale Kommunikation haben inzwischen einen Facebook-Auftritt des Ministeriums gestartet, arbeiten mit Twitter und wollen demnächst auf Instagram. „Als eines er letzten Ministerien“, wie Marks einräumt, aber „wir sind bald eines der besten, wir haben einen Plan.“

Rund 500 Beschäftigte umfasse das Wirtschaftsministerium, überwiegend Beamte, „extrem gute Fachleute, die einen tollen Job machen“, so Marks. Wie in allen Ministerien präge auch im Wirtschaftsministerium der Umstand die Situation, dass in der Regel alle fünf Jahre nach der Landtagswahl ein neuer Minister die Fürung übernehme. Laut Marks sei es im aus seiner Sicht seit Otto Wiesheu deutlich CSU-geprägten Ministerium auf ein gewisses Unwohlsein gestoßen, dass man nach dem FDP-Politiker Martin Zeil nun mit Hubert Aiwanger einen zweiten Nicht-CSUler vorgesetzt bekommen habe. Üblicherweise bringe jeder Minister seinen eigene Truppe aus Vertrauten mit, persönliche Referenten, Büroleiter… das sogenannte Küchenkabinett. Die unterschiedlichen Interessen zwischen Küchenkabinett und Fachabteilungen zu vereinen, die Zusammenarbeit zu stärken, sieht Marks als eine seiner zentralen Aufgaben.

Presseverhinderungsstelle würden Einrichtungen wie jene von Marks inzwischen von Kollegen gerne bezeichnet, kritisierte Moderator Schmidt. Das, so Marks, hänge entscheidend an der Spitze eines Hauses. Wenn diese  kritisch sei, wirke sich das auch auf die Kommunikation aus. Er selbst erlebe aber einen Minister, der außerordentlich medienfreundlich ist, den Diskurs mit den Medien suche. „Wir wollen unsere Arbeit gut vermarkten“, so Marks zur gemeinsamen Überzeugung des Ministers und des Presseamts-Chefs.

Noch reagiere seine Abteilung viel auf Anfragen, so Marks, künftig wolle man aber zunehmend selbst agieren. Dazu würden Treffen mit Landtagskorrespondenten eingefädelt ebenso wie Hintergrundgespräche mit dem Minister. „Wir schauen, auf welche Themen wir uns aktiv draufsetzen können“, so Marks.

Bei so viel Aufgeschlossenheit gegenüber Medienanfragen und der Spontaneität Aiwangers bleibe es nicht aus, dass es Irritationen gebe wie jene, als Aiwanger forderte, dass jeder anständige Mann und jede anständige Frau ein Messer in der Tasche tragen dürfen sollten. Zuvor war ein Messer-Verbot diskutiert worden, weil damit immer mehr Verbrechen begangen würden.

Mit seinen Minister kommuniziert marks in Tagesgeschäft vor allem per sms. Aiwanger mache viele, zu viele Termine. Es gebe zu viele Einladungen, viele wollen den Minister und der habe ein großes Herz und versuche alles möglich zu machen. Entsprechend bleibe nichts anderes für ihn, als auf sein Smartphone zu schauen, wo es die wichtigsten Neuigkeiten gebe.

Und dann betreibt marks noch seine eigene Agentur Marks Kommunikation. „Ich wollte schon immer selbständig werden, hätte mit der Agentur gerne auch Vollzeit weitergearbeitet und habe mit Aiwanger besprochen, dass ich auch jetzt mit der Agentur weitermache.“ Adressaten  seinen Einzelunternehmer, für die er klassische PR und Kommunikationsberatung mache.

Schließlich die Frage an den Medien-Experten zur Zukunft, vor allem jener der Zeitung. Die Hauptzielgruppe für Mitteilungen des Wirtschaftsministeriums sei die Zielgruppe 40 + , die vor allem über Zeitungen und Bayerischen Rundfunk erreicht würden. Mit jungen Leuten sei es „sehr schwierig“, da versuche man den Weg über die sozialen Medien. Wie lange noch die Zeitung ein wichtiges Medium für Politiker bleiben werde? Trotz sinkender Auflagen werde es Zeitungen weiter geben, so Marks Überzeugung. Das Internet mache vieles möglich, aber es gebe Menschen, die ein abgeschlossenes Produkt wollen. Junge Leute lesen heute nicht mehr regelmäßig, sondern zögen sich bei Bedarf in kurzer Zeit alles Relevante aus dem Internet.

Michael Siegel


Bild: Michael Siegel