Bonbons und Urlaute – an der Autobahn


Podiumsgespräch mit Robert Schmidt aus Neusäß, „Herr der A 8“ zwischen Augsburg und Leipheim

Sie verbindet Paris mit Wien, Stuttgart mit München, konkret Leipheim mit Augsburg: die gut 58 Kilometer lange sechsspurige Autobahn 8, die die Gesellschaft Pansuevia seit 2015 durch Schwaben („Pan Suevia“) betreibt. Der „Herr dieser Autobahn“ ist seit Anfang 2016 Robert Schmidt, gelernter Bauingenieur und Kind der Region. Schmidt stammt aus und lebt mit seiner Familie in Neusäß, wo er unter anderem Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr ist. Jetzt war Schmidt zu Gast im Augsburger Presseclub, wo er sich auf dem Podium mit seinem langjährigen Bekannten und ehemaligen Feuerwehrkameraden Georg Schalk (vormals Günzburger Zeitung, jetzt Pressesprecher der Bezirkskliniken Schwaben) unterhielt.

Die Pansuevia GmbH & Co. KG wurde 2010 gegründet, um als Konzessionsnehmer der Bundesrepublik Deutschland einen 58 Kilometer langen Abschnitt der Bundesautobahn A8 zwischen Ulm und Augsburg auf Basis eines im April 2011 abgeschlossenen Konzessionsvertrages zu planen, zu finanzieren, zu bauen, über 30 Jahre instand zu halten und zu betreiben. Konzessionsbeginn war im Juni 2011, das Ende wird 2041 sein. 

Im Gespräch mit Georg Schalk berichtete der 47 Jahre alte Ingenieur über die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen, die für ihn im wahrsten Sinn des Wortes auf der Straße liegen. Zuvorderst hob Schmidt jene Anstrengungen seiner Firma hervor, die nicht sofort im Zusammenhang mit einer Autobahn gesehen werden: die im Bereich „Betrieb und Erhaltung“ zusammengefassten erforderlichen Arbeiten im Umfeld der Fahrbahnen. Als da sei die Pflege und der Unterhalt von Brücken, Schutzstreifen, Entwässerungsanlagen, Amphibiendurchlässen… Immerhin 105 Ingenieurbauwerke müssten auf 58 Kilometern gewartet, erhalten, saniert werden.

Großen Aufwand bedeute in diesen Tagen die Grünpflege für die 19 Straßenarbeiter, die zu Schmidts Team in Jettingen gehören. Nicht weniger als 2,8 Millionen Quadratmeter Fläche seien entlang der Autobahn zu unterhalten. Übrigens, so Schmidt, habe man beim Ansäen der Flächen entlang der Straße „nicht irgendetwas“ sprießen lassen, sondern durchaus hochwertige Saatmischungen ausgestreut.

Eine Besonderheit für die Mäharbeiten entlang der Autobahn: Das Mähgut müsse zwei Tage liegen gelassen werden, damit beispielsweise Kleintiere flüchten oder Samen abfallen können. Allerdings müsse dann alles weggeschafft werden, damit der Grünschnitt nicht wachstumsfördernd wie Mulch wirke. Und, so Schmidt, es stimme, was zu lesen war: Wegen der steilen Böschungen habe die Pansuevia für ihre Straßenwärter eigens Bergschuhe zum Arbeiten angeschafft.

Auch müssten zahlreiche Bäume geschnitten und gepflegt werden – darunter solche Bäume, die von der Pansuevia im Rahmen der Baumaßnahme gepflanzt worden waren. Schon jetzt, so Schmidt, disponiere man beim Pflanzen der Bäume um: Wegen des vermehrten Auftretens der Allergie auslösenden Eichenprozessionsspinner-Raupe sollen jetzt keine Eichen mehr im unmittelbaren Umkreis von Rastanlagen und Parkplätzen gepflanzt werden.

Andere wichtige Aufgabengebiete für seine Straßenmeister sei die möglichst schnelle Beseitigung von Schlaglöchern auf der Fahrbahn, etwa nach Unfällen oder in den kälteren Monaten der Winterdienst. Dazu halte Pansuevia sechs Fahrzeuge vor und habe rund 3.300 Tonnen Streusalz eingelagert.

Besonders belastend für alle Beteiligten: die Hilfe bei Unfällen. Nicht weniger als 287 habe es davon im vergangenen Jahr auf den 58 Kilometern mit sechs Fahrspuren und täglich um die 100.000 Fahrzeugen gegeben. Immer wieder heiße es zunächst für die Polizei, Feuerwehr und den Rettungsdienst, an die Einsatzstelle zu eilen. In der Nachfolge kümmere sich dann auch Pansuevia darum, dass alle Schäden behoben und die Straße möglichst bald wieder freigegeben werden könne – worüber am Ende immer ein Verantwortlicher der Autobahndirektion entscheide, so Schmidt.

Dann das „Aufregerthema Rettungsgasse“. Warum es so schwer funktioniere, nach einem Unfall eine Durchfahrt für die Einsatzfahrzeuge freizuschaffen, wollte Schalk wissen. Robert Schmidt nannte zunächst die Lastwagenfahrer, die unter enormem Zeitdruck stehend naturgemäß stets versuchten, noch vor einer Sperrung an einem Ereignis vorbeizukommen. Und dann stehe der Verkehr plötzlich doch und es sei kein Platz mehr da, dass die sperrigen Brummis hin- und herrangierten, um eine Gasse zu schaffen.

Freilich verhielten sich auch Pkw-Fahrer falsch, „vielen Autofahrern fehlt der Hausverstand“, so Schmidts Einschätzung. Seine Hoffnung: In einer zunehmend App-gesteuerten jüngeren Generation könne es gelingen, eine Vorschrift „Jetzt Rettungsgasse bilden“ medial zu verbreiten, die dann treu befolgt würde. Schmidt bekundete auch, dass seine Mitarbeiter, er selbst und andere Einsatzkräfte vermehrt zur Zielscheibe des Unmuts von staugeplagten Autofahrern würden – sei es beim Winterdienst, bei Bauarbeiten oder nach Unfällen. Von anhaltenden unflätigen Kraftausdrücken bis hin zu wüsten Urlauten sei alles vertreten, Verständnis hingegen nicht.

Auch das Thema Tempolimit kam zur Sprache. Von einer Seite werde dies zunehmend vehement gefordert als Mittel zu Unfallverhütung und Umweltschutz. Von anderer Seite werde es abgelehnt, gerade auf einer ganz neuen und bestens ausgebauten Autobahn wie der A8 zwischen Augsburg und Ulm. Schmidt zeigte sich für ein Tempolimit durchaus aufgeschlossen. Er plädierte aber für Flexibilität, wie sie moderne Verkehrsbeeinflussungsanlagen ermöglichten. Eine solche Anlage sei für seinen Streckenabschnitt bei Augsburg gerade in Planung (Kosten rund 750.000 Euro). Dann könnte die Verkehrsleitzentrale in Fröttmaning bei München wie anderenorts in Bayern auch schnell und flexibel auf die aktuelle Verkehrssituation reagieren und Tempobeschränkungen, Überholverbote oder die Fahrspurverteilung regeln. Auch können die Anlagen über bevorstehende Beeinträchtigungen informieren.

Schmidt könnte sich auch ein generelles Tempolimit vorstellen. Es müsse ja nicht mit der Richtgeschwindigkeit von Tempo 130 übereinstimmen. Aber selbst bei einem vorgeschriebenen Höchsttempo von 140 oder 150 km/h sollten jene Probleme verhindert werden können, die Autofahrer verursachen, die glauben, mit Tempo 200 oder mehr fahren zu müssen.

Zum finanziellen Hintergrund der für 30 Jahre privat betriebenen Autobahn stellte Schmidt klar, dass seine Firma (inzwischen eine 100-prozentige Tochter der STRABAG) von einer möglicherweise kommenden Pkw-Maut nichts habe. Pansuevia erhalte vertragsgemäß einen Teil der Maut, die von den täglich verkehrenden 10.000 bis 15.000 Lkw über 12 Tonnen erhoben werde. Damit sei der regelmäßige Betrieb zu bestreiten, damit müssten auch die Baukosten von 407 Millionen Euro finanziert werden.

Schließlich, so freute sich Schmidt, erhielten seine Mitarbeiter und er manchmal auch ganz andere Zuwendungen. So wie kürzlich ein Päckchen voller Süßigkeiten, das eine verletzte Autofahrerin geschickt hatte, die sich nach einem Unfall auf der A8 von den Helfern bestmöglich betreut gefühlt hatte und jetzt wieder gesund ist.

Michael Siegel


Bild: Michael Siegel