Monatelange ackern für drei tolle Tage


Blick hinter die Kulissen des Kanuslalom-Weltcups am Augsburger Eiskanal

Baden-Baden hat seine Pferderennbahn, Oberstdorf seine Skiflugschanze – und Augsburg ist in der Sportwelt bekannt für seine Wildwasser-Kanuslalomstrecke. Immer wieder finden dort am Eiskanal, einer Ableitung des Lechs, hochklassige internationale Wettkämpfe statt, so wie im Juli (5. – 8.) 2018 der Weltcup im Kanuslalom. Presseclub-Mitglied Chris Doser, seit vielen Jahren ehrenamtlicher Pressechef des Veranstalters, ermöglichte im Vorfeld des Weltcups gemeinsam mit Hans-Peter Pleitner, Präsident des ausrichtenden Vereins Kanu Schwaben Augsburg, Interessierten des Presseclubs Einblicke hinter die Kulissen einer sportlichen Großveranstaltung.
Damit die rund 250 Sportler plus ihre Betreuer beste Bedingungen für tolle Leistungen vorfinden, bietet der Veranstalter ein Team von rund 180 (ehrenamtlichen) Helfern auf. Diese sind, so Doser, teilweise ein halbes Jahr mit dem Weltcup beschäftigt. Wenn auch das Gros der Arbeit an den Wettkampftagen anfällt, so gibt es bereits im Vorfeld alle Hände voll zu tun. Zwar, so erklärten Doser und Pleitner, sind im Umfeld der Kanuslalomstrecke nach dem Bau für die Olympischen Spiele 1972 mehrere Gebäude stehengeblieben, dennoch müssen immer wieder aufs neue zusätzliche Zelte und Bauwerke aufgestellt, Installationen und Verkabelungen verlegt werden und, und, und. Vieles an Aufwand dient dazu, für möglichst gute Fernsehbilder zu sorgen (die wiederum die Veranstaltung für viele Zuschauer und Sponsoren attraktiv machen sollen). Ein entsprechendes Produktionsteam, das der veranstaltende Verein auf eigene Kosten engagiert hat, sorgt für diese Bilder, die dann sowohl von Fernsehanstalten und anderen Medien genutzt werden können, ebenso wie sie auch den Aktiven und ihren Betreuern zur Verfügung stehen. Auch sonst spielt die Fernsehtauglichkeit der Wettkämpfe eine große Rolle. War beispielsweise die Rennstrecke 1972 bei Olympia noch 600 Meter lang, so müssen die Sportler heute ihre über dem brodelnden Wasser hängenden Tore auf einer Distanz von nur noch 230 Metern bewältigen. Kurzfristig habe der Weltverband ICF gar noch eine Zurückverlegung der Ziellinie um 30 Meter nach oben verlangt, um möglichst lückenlose Action zu gewährleisten.


Ein Kennzeichen des Augsburger Kanuslalom-Weltcups soll sein nachhaltiges Konzept sein. Mithilfe von Wasserspendern und Gratis-Trinkflaschen soll der Verbrauch von Plastik-Wasserflaschen erheblich gesenkt werden. Die Teilnehmer der Sportveranstaltung bekommen ihr Essen mit Mehrweggeschirr und -besteck serviert – ein Konzept, das nicht nur beim ICF, sondern auch beim Olympischen Komitee anerkannt werde, so Doser.
Ein geradezu babylonisches Gewirr an zahllosen Monitoren, Computern und Kabeln scheint im Büro der Zeitnahme zu herrschen. Hier herrscht quasi mit dem Olympiasieger von 2000, Thomas Schmidt, dem Leiter des Wettkampfbüros, der bestmögliche Kanu-Experte. Schmidt zeigte die nahezu allumfassende Video-Abdeckung der gesamten Rennstrecke auf, jedes Tor sei für die Kampfrichter von mehreren Kameras einzusehen. Einen Videobeweis, der im Fußball gerade seine umstrittene Premiere erlebt, gebe es im Kanu-Weltsport seit acht Jahren.
Und dann noch eine Überraschung: Beim abendlichen Rundgang der Presseclub-Gäste war in der Kanu-Rennstrecke fast kein Wasser zu finden. Dies, so Hans-Peter Pleitner, habe mit der anhaltenden Trockenperiode in Südbayern zu tun und damit, dass im Forggensee bei Füssen wegen einer Baustelle derzeit kein Wasser gestaut werden könne. Ergebnis: Am Augsburger Hochablass muss Wasser gespart werden. Freilich sei gewährleistet, dass an den Wettkampftagen Wasser durch die Strecke rausche, aber wenn dort keine Boote fahren, werde das Wasser in anderen Kanälen der Stadt Augsburg nötiger gebraucht.


Große Hoffnungen auf die Zukunft setzen die Organisatoren des Weltcups auf anstehende Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen im Vorfeld der Kanu WM, die im Jahr 2022 in Augsburg stattfinden soll. Nicht nur 50 Jahre alte, baufällige Bauten sollen dann ausgebessert werden. Hans-Peter Pleitner hofft, dass möglichst viel an immer wieder benötigter Infrastruktur wie Leitungen, Röhren, Kabel fest verlegt werden und somit für künftige Sportveranstaltungen nicht jedes Mal wieder neu installiert werden müssen. Dasselbe gilt für Einrichtungen wie Toiletten, Duschen und Ähnliches. Der Abend klang aus mit Fachgesprächen auf der Terrasse von Schallers Hochablass-Gaststätte direkt an der Strecke.
Michael Siegel


Fotos: Klaus F. Linscheid