Koffer in Berlin – Clubgespräch mit Ex-Bundestagsabgeordnetem Volker Ullrich

„Deine Mannschaft gewinnt das Spiel mit 2:1, aber den Siegerpokal bekommt jemand anderer.“ Volker Ullrich (49) bemüht einen Vergleich aus dem Sport, um seine Situation zu erklären. Nein, er sei kein schlechter Verlierer. Er habe seinen Bundeswahlkreis mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Verlierer seien die Augsburgerinnen und Augsburger, die jetzt nicht mehr von einem CSU-Abgeordneten, von ihm, im Deutschen Bundestag vertreten werden. Rund acht Wochen nach der Wahl ist Volker Ullrich, Ex-Bundestagsabgeordneter aus Augsburg, zu Gast im örtlichen Presseclub. „Clubabend“ nennt sich das neue Format, bei dem der Gast, Ullrich, neben dem Gesprächsleiter, Presseclub-Vorsitzendem Wolfgang Bublies, auf dem Sofa Platz nimmt, sich die Gäste im Georgenkeller zum Gespräch direkt darum gruppieren.

Acht Wochen nach der Bundestagswahl ist Volker Ullrich weiter im Unklaren über seine künftige eigene Position. Klar ist: Aufgrund des Wahlergebnisses gehört der 49-jährige Jurist, seit der Wahl von 2013 Abgeordneter für den Stimmkreis Augsburg, dem neuen deutschen Bundestag nicht mehr an – wegen der Wahlrechtsreform und wegen des Stimmenanteils der CSU. Zwar haben CSU-Stimmkreisbewerber wie Volker Ullrich sämtliche Direktmandate in Bayern gewonnen. Allerdings hat die CSU wegen ihres Zweitstimmenanteils im neuen Bundestag drei Sitze weniger als direkt gewählte Abgeordnete. Konsequenz: Drei Kandidaten, jene mit dem geringsten Anteil an Erststimmen, ziehen nicht wieder in den Bundestag ein. Eine Konstellation, die, so zeigte das Clubgespräch, selbst heute noch bei manch politisch interessierten und engagierten Personen nicht so ganz klar war. Diese fehlende Zweitstimmendeckung betrifft neben einer Bewerberin aus München und einem aus Nürnberg auch Volker Ullrich – sie betrifft übrigens auch 20 weitere Stimmkreis-Gewinner aus dem Bundesgebiet.

Auf der einen Seite bedeute dies für ihn Warten, so Volker Ullrich. Sollte nämlich jemand aus den Reihen der CSU-Abgeordneten eine Position erhalten, wegen derer das Mandat aufgegeben werden müsste, wäre Ullrich erster Nachrücker ins Parlament. Auf der anderen Seite sei nach der Bundestagswahl nicht die Zeit des Wartens gewesen. Zunächst sei die Kümmernis um seine demnächst beschäftigungslosen Mitarbeiterinnen gewesen. Dann war da die Debatte um die Grundgesetz-Änderung in Sachen Verschuldung. Zuletzt standen die Verhandlungen um den Koalitionsvertrag an. Volker Ullrich war für die CSU an der Arbeit am Vertrag beteiligt, verhandelte die Themen Kultur und Medien. Er sehe sein Betätigungsfeld auch weiterhin in Berlin, erklärte der 49-Jährige im Presseclub. Trotz seiner Funktion als Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes Augsburg habe er keine Ambitionen auf Stadtpolitik (mehr) oder auf Landespolitik oder auf Europa. Vielmehr hatte Ullrich bereits unmittelbar nach der Wahl im Februar angekündigt, in vier Jahren einen neuen Anlauf für den Bundestag unternehmen zu wollen. Für seine Berlin-Pläne weiß sich Ullrich der Rückendeckung von CSU-Parteichef Markus Söder und von Landesgruppen-Vorsitzendem Alexander Dobrindt sicher. Sie wollen die drei CSU-Wahlkreissieger, die kein Bundestagsmandat erhalten haben, in die Parteiarbeit einbinden, so Ullrich. Zunächst gilt es abzuwarten, was die Koalitionsverhandlungen mit der SPD ergeben. Und ob sich dabei ein Platz für Volker Ullrich auftut.

Michael Siegel

Volker Ullrich (links) beim Clubabend auf dem Sofa des Augsburger Presseclubs mit Vorsitzendem Wolfgang Bublies.