Bemerkenswert – eine Eigenschaft, die das Leben und die Person des Heiligen Ulrich wohl nur unzureichend beschreibt. Ein Leben vor über 1000 Jahren, das einen Buben aus dem Augsburger Land zur Ausbildung und zum Studium in die Schweiz führte – und wieder zurück nach Augsburg, wo er nicht weniger als 50 Jahre als Bischof wirkte. Als ein Bischof, den die Menschen bereits zu dessen Lebzeiten oder bald danach verehrten, sodass er heiliggesprochen und somit neben Afra und Simpert zum Augsburger Bistumsheiligen wurde.
Vor 1051 Jahren am 4. Juli 973 starb Ulrich im hohen Alter von wohl 83 Jahren in Augsburg, nachdem er vor 1101 Jahren zum Bischof geweiht worden war. Im Rahmen der seit einem Jahr andauernden Gedenkfeierlichkeiten zu Ehren Ulrichs in seinem Heimatbistum zeigt das Diözesanmuseum St. Afra schon eine zweite Sonderausstellung, die sich dem Heiligen widmet.
Wer war dieser Ulrich von Augsburg? Und warum soll man sich mit einem Bischof beschäftigen, der schon länger als 1000 Jahre tot ist? Spannende Antworten und Einsichten dazu möchte die Ausstellung „Ulrich – genial, sozial, loyal“ geben, die noch bis zum 14. Juli 2024 zu sehen ist. Diese Schau besuchte jetzt eine Gruppe des Augsburger Presseclubs, bestens geführt von Museumschefin Melanie Thierbach.
Gezeigt werden im Museum im Schatten des Augsburger Doms rund 80 originale Objekte aus der Zeit mit lebendigen und anschaulichen Einblicken in das kirchliche und weltliche Leben vor mehr als 1000 Jahren in Augsburg und Schwaben.
Ausgehend von der Lebensgeschichte des heiligen Bischofs Ulrich, die sein Vertrauter Dompropst Gerhard aufgezeichnet hat, geht die Ausstellung der Frage nach, ob sich Ulrich in seiner 50-jährigen Amtszeit als Person mit individuellen Charakterzügen fassen lässt. Die Ausstellung skizziert Ulrichs genialen Lebensweg: Dabei kommt seine Ausbildung an der Eliteschule in St. Gallen genauso zur Sprache wie die Art der Ausübung seiner Leitungsaufgaben. Ein Blick wird auf Ulrichs Loyalitätsverständnis geworfen: Welche Netzwerke hatte er, zu wem stand er auch in schwierigen Zeiten? Ein weiterer Aspekt, der genauer unter die Lupe genommen wird, ist Ulrichs soziale Ader: Wie ging er mit der Hilfsbedürftigkeit der ihm anvertrauten Menschen um? Am Ende bleibt der Blick auf den Heiligen, denn es ist ja vor allem seine Memoria, die ihn zu dem gemacht hat, was sich die Menschen heute noch über Ulrich erzählen.
Die Geschichte des Heiligen wird einerseits durch bedeutende Exponate, darunter Handschriften, Skulpturen, Gemälde, Reliquien, persönliche Gegenstände und archäologische Fundstücke veranschaulicht, andererseits ermöglichen es interaktive Elemente wie Videospiele, Kostüme und nachgebaute Alltagsgegenstände in die Rolle des Bischofs zu schlüpfen und das mittelalterliche Augsburg zu erleben.
Gleich am Eingang der Schau eines der eindrücklichsten Ausstellungsstücke: Christus auf einem Esel. Die fast lebensgroße Darstellung des Einzugs Jesu am Palmsonntag in Jerusalem lässt kaum jemanden unberührt. Deswegen, weil die hölzerne Figur, montiert auf ein Brett mit Rädern, auf das Jahr 1310 datiert wird und damit gar nicht so viel jünger ist, als der Heilige selbst. Museumsleiterin Thierbach erklärte auch die Funktion der Palmsonntagsfigur in der Ausstellung, die aus der kleinen Oberallgäuer Gemeinde Petersthal stammt: Ulrich war bekannt als ein Bischof, dem eine lebendige Liturgie sehr am Herzen lag und von dem bekannt war, dass er derartige „Hilfsmittel“ wie die Christusfigur auf dem Esel gerne für seine Feier nutzte.
Eine wichtige Funktion erfüllte Ulrich als Bauherr. Nicht nur, dass er die Stadt Augsburg mit einer stabilen Einfriedung ausstatten ließ, ließ er auch die Kirchen St. Gallus, St. Stephan, St. Johannes, St. Ambrosius oder die Afrakirche erbauen oder ausbessern.
Nicht fehlen darf bei der Ausstellung das Thema Schlacht auf dem Lechfeld, bei der Bischof Ulrich maßgeblich daran beteiligt gewesen sein soll, dass die angreifenden Hunnen im Jahr 955 vor Augsburg haben abgewehrt werden können. Nach neueren Forschungen sei nicht klar zu belegen, wo überhaupt diese Schlacht stattgefunden habe. Dass diese Schlacht stattgefunden habe, sei unstrittig. Wissenschaftlich ebenfalls nicht klar belegbar sei der Anteil Bischof Ulrichs an dieser Schlacht. Möglicherweise stellten ja Gemälde mit einem bewaffneten Gottesmann auf einem Pferd kämpfend nicht die ganze Wirklichkeit der damaligen Zeit dar.
Am Ende der Schau geht es um die Frage, warum Ulrich so beliebt war und ist, wie er ist und bei welchen Anliegen Gläubige ihn anrufen. Da ist das sogenannte Fischwunder, gemäß dessen sich ein Stück Fleisch, welches der Bischof, verstoßend gegen das entsprechende Fastengebot am Freitag gegessen haben soll, in einen Fisch verwandelte. Dieses Wunder stellt ein Gemälde Holbeins dar, welches die Ausstellung zeigt. Angerufen und angebetet wurde Ulrich nach Worten von Museumsleiterin Thierbach zunächst vor allem bei Problemen mit Mäusen und Ratten – viele viele Jahre eine Plage der Menschen. Hinzugekommen sei Ulrich später als Schutzpatron in Sachen Hochwasser und Blitzschlag. (Michael Siegel)
Diözesanmuseum St. Afra, Kornhausgasse 3-5, 86152 Augsburg, Tel.: +49 821 3166-8831, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr, Sonntag und Feiertage 12 bis 18 Uhr