Schiffestadt Augsburg – „neue Kahnfahrt“ verfolgt alte Idee

Augsburg-Tourismus – Quo vadis? Verkehrsdirektor Götz Beck beim Presseclub vor Ort

Kann das sein, eine Stadt zwischen zwei großen Flüssen, die aber keinen Hafen hat? Die schon aus dem Mittelalter stammende Idee einer Hafenstadt Augsburg, zuletzt im 19. Jahrhundert vom Ingenieur Karl Albert Gollwitzer weitergedacht, könnte demnächst ein Stück näher rücken: in Form eines Ausflugsboots, das seine Leinen an der Augsburger Kahnfahrt festmacht. Die ganze Geschichte dazu und einiges mehr rund um diese manchmal etwas heimlich wirkende Ecke der Augsburger Vorstadt erzählte jetzt Augsburgs Tourismuschef Götz Beck bei einem Besuch des Augsburger Presseclubs.

Die Kahnfahrt, das ist ein Platz in Augsburg, von dem eigentlich jeder schon einmal gehört hat – zuletzt jedoch verbunden meist mit Hiobsbotschaften. Bei einer Routine-Inspektion waren ungenehmigte Anbauten, im Volksmund „Schwarzbauten“ an diesem Teil an der historischen Stadtbefestigung aufgefallen, die dort gleichwohl schon viele Jahr gestanden hatten. Weil auch sonst baulich nicht alles zum Besten bestellt war, es an Fluchtwegen für Gastronomie und Bootsverleih fehlte und es Probleme wegen neuer Brandschutz-Bestimmungen gab, wurde die bei vielen Besuchern beliebte Anlage am Ostrand der Altstadt gesperrt. Umbauten und Abrissarbeiten folgten und die Stadt als Eigentümer der Anlage legte das Schicksal der Kahnfahrt, die „neue Kahnfahrt“, in die Hände des örtlichen Tourismusverbandes. Dort, so dessen Chef Götz Beck, habe man sich eingehend mit Gedanken zu einer Neukonzeption befasst. Erste Ergebnisse sind verwirklicht, zudem befinde man sich in Abstimmung mit der Stadtverwaltung und dem Stadtrat.

Die konzeptionelle Neuausrichtung basiere laut Beck auf den fünf Säulen Bootsverleih, Gastronomie, Events, Storytelling und der Einbindung des unmittelbaren Umfelds. Themenbereiche wie das Augsburger Wassermanagement-System UNESCO Welterbe und das Wirken historischer Persönlichkeiten sollen zukünftig in Ausstellungs- und Veranstaltungsformate rund um die Kahnfahrt einfließen. Zudem sollen enge Verbindungen zu den benachbarten Einrichtungen wie dem Wasserturm und dem sogenannten Fünffingerlesturm hergestellt werden.

Was derzeit dort zu erleben sei, sei ein immerhin vorübergehend genehmigter Interimsbetrieb, der erste Schritt zur Umsetzung der Neukonzeption. Der Interimsbetrieb sieht eine Obergrenze von 60 Plätzen in der Gastronomie vor und der erlaube eine Küchen- und Schankanlage per Bühnenaufbau auf dem Gelände in provisorischen Bauten – eben so, wie man es derzeit dort erleben könne. Auf längere Sicht, so Beck, sollen die Funktionsbauwerke aus dem Freiluftbereich verschwinden, Küche und Schänke in einem angrenzenden Gebäude an der Stadtmauer Platz finden. Noch mehr Raum für Besucher soll entstehen durch ein Gastro-Plateau, eine hölzerne Plattform, die über dem Wasser an die bestehende Gastronomiefläche der Kahnfahrt angebaut wird. Soweit – so gut, wenn es alles einst soweit kommt, aber: Was tun, wenn es regnet? Wie in früheren Jahren auch ist die Kahnfahrt auch derzeit ein reiner „Biergarten“, ein Freiluftbetrieb, so Beck. Um aber auch längerfristig geplante Veranstaltungen wetterunabhängig abhalten zu können, sei ein „Dach über dem Kopf“ wünschenswert. Die dazu passende Idee: ein Ausflugsschiff, wie es auf vielen Flüssen und Seen mit seinen Passagieren umherkreuzt. Ein entsprechendes Schiff, so der Tourismusmanager, sei bereits auserkoren, zu einem Preis Richtung 70.000 Euro, auch die Anlieferung per Lkw und Kran sei wohl machbar. Das entscheidende Wort in der Angelegenheit hat nun der Augsburger Stadtrat, der letztlich darüber zu befinden hat, ob Augsburg, die Stadt zwischen Lech und Wertach, demnächst tatsächlich ein richtiges Passagierschiff auf seinem Stadtgebiet am Oblatter Wall am Anleger hat.

Im Vorfeld der Gesprächsrunde besuchte die Gruppe des Presseclubs zwei weitere nahegelegene Ausflugsziele. Zunächst galt die Aufmerksamkeit dem Fünffingerlesturm, wo die Altaugsburggesellschaft sich eingerichtet hat. Vorsitzender Sebastian Berz geleitet die Gäste über die einst umstrittene neue Außentreppe und anschließend im Inneren durch die Räumlichkeiten, die eine Ausstellung beherbergen und die darüber hinaus einem weiteren Ausbau harren. Noch etwas beengter die Situation nur ein paar Meter weiter, wo der Augsburger Buchhändler und Stadtkenner Kurt Idrizovic den Presseclub in „seinem“ St.-Jakobs-Wasserturm empfing, einem Bau, der auf Elias Holl zurückgeht. Idrizovic wartete mit allerlei unterhaltsamen Fakten zu dem Turm und dessen Funktion in der Stadtbefestigung und bei der Wasserversorgung auf, einem Turm, den er dieser Tage für kulturelle Veranstaltungen nutzt.

Abgerundet wurde der Abend für die dankbaren Presseclub-Gäste in der Kahnfahrt mit vorzüglichen Häppchen aus der Küche, in der mit Marc Schiemann und Joshua Kessler zwei Anbieter gefunden, die für eine tolle Auswahl an bayerischen und weiteren kulinarischen Schmankerln sorgten.

Michael Siegel